Wir befinden uns in einem Transformationsprozess. Selbst die Elektrifizierung und die erste Computerwelle erschütterte die Arbeitswelt nicht in dem Maße, als die rasant auf uns zukommende Künstliche Intelligenz und die damit einhergehende neue Industrie4.0 beziehungsweise Arbeit4.0. Vieles um uns herum ist im Umbruch, vieles was als sicher galt ist längst überholt. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns auf nichts verlassen können. Die Unsicherheit gilt für alle Lebensbereiche: selbst die seit mehr als hundert Jahren geltende geregelte Arbeitswelt wird in den nächsten Jahren ausgedient haben. Arbeitsplätze werden flexibler, ungeregelter und viele werden wohl auch wegrationalisiert werden.
Waren es um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung der Textilfabriken, sowie der Eisen- und Stahlerzeugung oder später die Fertigungsstraßen der Automobilindustrie, die tausende von Menschen ihre Arbeitsplätze gekostet und in bitterste Armut gestürzt haben, so scheint es heute abermals zu einem unvorhersehbaren Umsturz der Arbeitswelt und somit der Gesellschaft zu kommen.
Veränderungen machen Angst, bziehungsweise lassen sie sich nützen, um Angst zu schüren. Angst führt zu Ohnmacht, Verdrängung oder Apathie. Was die Zukunft bringt weiss trotz Berechnungen und Prognosen niemand von uns.
Veränderungen bergen immer auch Chancen und so will das Projekt TRANSFORMATION mit künstlerischen Mitteln einladen zu reflektieren, Denkanstöße geben und neue Sichtweisen eröffnen um positive Utopien für eine gute Welt für viele Menschen zu entwerfen.
Das Werksgebäude wird von 2021 - 2024 Stück für Stück für Menschen und für Kunst geöffnet. Neben einer jährlichen Kunstausstellung, sind es vor allem die unterschiedlichen Schwerpunkte der Geschichte der Fabrik, der Geschichte der Arbeit, der Gegenwart und der Zukunft, die wir mit den BewohnerInnen und eingeladenen Kunstschaffenden vor Ort ausloten und bearbeiten wollen.
Das Projekt TRANSFORMATION gliedert sich in vier Phasen. In jeder Phase werden Künstler und Künstlerinnen eingeladen, im Rahmen einer AIR vor Ort zu recherchieren und zu arbeiten. Projektpräsentationen und "Meet the Artist"-Veranstaltungen bieten interessierten Menschen Einblick in die Arbeitsweise von zeitgenössischen KünsterInnen. Ausstellungen, Performances und Talks ergänzen das Programm.
Jede Projektphase hat eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung.
2021 - transformation1.0
In der Pilotphase des Projektes heisst es, den Boden aufbereiten und sich sowohl dem Gebäude und dem Thema Arbeit und Industriekultur zu nähern. Das Material Papier als kulturelles Medium und industrielles Produkt ist dabei ebenso interessant wie die wechselvolle Geschichte des Industriestandortes.
2022 - transformation2.0
In der zweiten Phase unter dem Titel umARBEITEN und umFORMEN möchte die Kunstfabrik 2.0 Künstler und Künstlerinnen einladen, veraltete Teile aus der Industrieanlage aufzugreifen und sie in einen zeitgenössichen künstlerischen Kontext zu stellen.
2023 - transformation3.0
umWANDELN und verÄNDERN widmet sich den unterschiedlichsten Erzeugnissen aus dem industriellen Kontext - hauptsächlich Papier in seinen vielfältigen Erscheinungsformen. Das Medium der Zeitung als Sprachrohr von Institutionen, seine Ab- bzw. Unabhängigkeit und meinungsbildende Funktion für breite Bevölkerungsschichten ist dabei ebenfalls von Interesse. Ist dieses Printmedium doch eng mit der Geschichte des Fabriksstandortes verwoben.
2024 - transformation4.0
Was passiert, wenn uns die Arbeit ausgeht, weil die Künstliche Intelligenz mehr als 30% der Arbeit zunichte macht? Pessimisten gehen von einem noch höheren Prozentsatz aus. Wird es ein bedingungsloses Grundeinkommen geben? Und was heisst "bedingungslos"? Werden sich die ehemals Arbeitenden der Muße hingeben? Oder treibt uns der Hunger auf noch mehr Konsum und Entertainment weiter an, auf wirtschaftliches Wachstum zu setzen – obwohl wir schon längst nicht mehr wissen, wohin wir noch wachsen sollen? Werden breite Bevölkerungsschichten verarmen, weil dem Profit einiger weniger alles untergeordnet werden soll?
Es gibt viele offene Fragen. Selbst Wissenschaftler sind sich nicht einig, wie sich unsere Zukunft entwickeln wird, welche Berufe es geben wird und welche für immer verschwinden werden. Eines ist sicher: der Wandel wird kommen und die Zukunft ist offen.
Im vierten Teil unseres Transformationsprozesses werden wir uns mit Zukunftsfragen auseinandersetzen, SYMPOSIEN und KOMMUNIKATIONSINSELN initiieren, Kunstschaffende, Wissenschaftler, Philosophen, Volkswirte einladen, im Jetzt mit uns Gedanken über die Zukunft zu entwickeln - denn es geht auch immer darum: was macht den Menschen aus und was bedeutet es selbstbestimmt zu leben.
Anmerkung:
Das Gesamtkonzept ist als ein Work-in-process zu verstehen. Änderungen und Erweiterungen werden sich aus den jährlichen Projekten ergeben und laufend evaluiert und ergänzt.
© Das Konzept ist Eigentum des Vereins Kunstfabrik 4.0 und darf nicht anderweitig verwendet werden.